Differentiell Angelassene Klingen im Test

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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Ralph G
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Differentiell Angelassene Klingen im Test

Beitrag von Ralph G »

Hi,
man kann Messer ja auch differenziell Anlassen, d.h. der Rücken weicher als die Schneide. Ist meiner Meinung nach für Messer mit Stärken von 4mm und mehr Overkill. Wenn gut gehärtet und Angelassen wird man die im Normalgebrauch nie an die Grenze Bringen. Es sei denn man nutzt sein Messer als Brechstange. Dafür gibts aber nicht umsonst "richtige" Brechstangen :P

Interessant wird das für mich bei Dünnen Klingen, da bringt man die Kraft zum Bruch schneller mal auf. Viele haben vielleicht Angst vor Dünnen Klingen und trauen denen nix zu. Die Schneideigenschaften Dünner klingen sind aber vorzüglich! Kombiniert man das mit differentiell Anlassen ergibt sich ne Schneidfreudige Klinge die Ordentlich was Abkann.

Da ich selbst nicht wusste wo da die Grenzen sind hab ich vor ner Weile mal zwei dünne Testklingen differentiell gehärtet und ein paar Tests dazu gemacht.

Da die Testklingen sowieso am Ende Zerstört werden hab ich mir jetzt mit dem Finish und den Griffschalen keine besondere Mühe gegeben - sind also ziemlich "rough"

Das Obere ist aus 2mm 15N20 , das untere aus 1,5mm 80CrV2. Das ist normalerweise ne Klingenstärke bei der Viele sagen : Das gehört nur in die Küche. Was So ne Dünne klinge trotzdem noch alles kann sieht man in den volkommen unwissenschaftlichen Tests, besonders der Bruchtest ist Aufschlussreich... ;D

Die Testklingen:

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Dosentest, Aufgeschnitten und Gelocht, keine Ausbrüche an der Schneide feststellbar
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4mm Messingstange durchgehackt : No problem, keine Ausbrüche

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Nagel : Hm, immer noch alles OK ;D

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6mm Zimmermannsnagel: Hier ist dann Schluss mit lustig. einer der Beiden Testkandidaten schaftts den Nagel zu durchtrennen beide danach Beschädigungen an der Schneide.

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zum Schluss wurden beide Messer mit der spitze in den Schraubstock gespannt und Abgebrochen. Hier in den Kurzvideos sieht man mal was dazu nötig ist. Beide vertragen eine Biegung von über 90Grad ohne Abzubrechen.


VIDEOS BRUCHTEST:

Das Obere Messer
https://www.youtube.com/watch?v=ayUJpDFY7pY

Das untere Messer
https://www.youtube.com/watch?v=ISSlz8SaTcE


Das 1,5mm Messer ist an der ersten Bohrung gebrochen, das 2mm Messer an der Spitze wo es Eingespannt war
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Man sieht also mit der Richtigen WB sind auch solch dünne Klingen ausserhalb von leichtem Kücheneinsatz voll Gebrauchstüchtig und es wird im Alltag ziemlich schwierig die Kaputt zu bekommen.Siehe Bruchtests ;D Dazu kommt Schneidfreudigkeit, geringes Gewicht und Größe prima zum Immerdabei haben.
Nen grosses Bowie hat natürlich auch was, aber im Alltag lauf ich mit sowas nicht rum und für 95% meiner Schneidaufgaben reicht so nen Zwerg bestens aus.

Ein fertiges mit Griff aus Eibe sieht dann z.B. so aus:


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Beste Grüße
Ralph
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Re: Differentiell Angelassene Klingen im Test

Beitrag von eddytwobows »

Vielen Dank für´s teilen der Testergebnisse... :) :)

Sieht ja soweit super und überzeugend aus, weil, ich denke mal, wenn man mit so einer Klinge
einen gewöhnlichen Nagel durchtrennen kann, ohne das es zu Ausrissen und / oder Brüchen an der Schneide kommt,
sollte das eigentlich auch für alles andere im alltäglichen Gebrauchsbereich ausreichend sein... ;) :D :) :)

Frage : Wie und mit welcher Technik hast Du da partiell gehärtet und angelassen...?

LG
etb
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Re: Differentiell Angelassene Klingen im Test

Beitrag von Holzbieger »

Hall Ralph,

schöne Testreihe. Wirklich aussagefähig zum differentiellen Härten finde ich allerdings nur Deine Biegetests. Das schneiden der Dose, Nägel und Messing sagt imho nur etwas über die Güte Deiner Härtung. Die Schneide willst Du ja in jedem Fall hart haben.

Trotzdem danke fürs zeigen.

Wie Etb schon fragte. Wir hast Du gehärtet und angelassen?

Gruß

Roland
- Es ist besser ein gute Entscheidung rechtzeitig zu treffen als eine sehr gute zu spät.
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Ralph G
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Re: Differentiell Angelassene Klingen im Test

Beitrag von Ralph G »

Die "Nageltests" habe ich gemacht um zu Überprüfen ob die Schneide auch nach dem Differentiell Anlassen noch hart geblieben ist. Oder evtl auch zu hart ,dann hätte es vor dem Zimmermannsnagel schon Ausbrüche gegeben, das wär ja auch möglich :)
Wenn man da nicht aufpasst wird beim Anlassen des Rückens schnell mal der Schneidenbereich in Mitleidenschaft gezogen. Der soll ja aber normale Messerhärte behalten.

Ich mach nicht so gerne Messer kaputt - steckt ja auch Arbeit drin - aber ab und an muss man seine Techniken ja mal irgendwie Überprüfen.

Gehärtet wurde in 2 Stufen.
1. Zuerst ganz normal bei den für die jeweiligen Stähle entsprechenden Temperaturen im Härteofen (80CrV2 bei 820° ;15N20 bei 785° hat sich bei mir bewährt, da war das Korn am besten. Keine extra Haltezeit nur Durchwärmen, vorher 2x Normalisiert.) Dann bei 200° 3x1h angelassen. So würd ich auch nen "normales" Messer ohne Diff Anlassen machen
2. Danach Schneide ins Wasser getaucht und mit der auf ca 400° vorgeheizten Anlasszange den Rücken 3x diff. Angelassen.

Ich bin jedenfalls Zufrieden, die Klingen werden Sauscharf, bleibens auch und halten trotzdem ordentlich was aus. Für nen Messer aus "nur" 1,5 bzw. 2mm Starkem Material bleiben da bei mir keine Wünsche offen. 1.5 find ich selbst schon nen bischen dünn aber die 2mm Stärke ist für sowas prima geeignet. Nen Sax würd ich aber aus was dickerem machen - das sieht in 2mm nen bischen Ärmlich aus :)

Ach ja, ich nutze zum Härten nen Eigenbau Härteofen, der ist per PID/SSR Steuerung geregelt. Angefangen hab ich auch mal mit im Grillfeuer und so aber dann wollt ich was genaueres das auch Wiederholbare Ergebnisse ermöglicht.
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MoeM
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Re: Differentiell Angelassene Klingen im Test

Beitrag von MoeM »

Gibts eig. irgendeinen merkbaren unterschied zw. diff. Anlassen oder Härten?
Grüße Moe
Ralph G
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Re: Differentiell Angelassene Klingen im Test

Beitrag von Ralph G »

Diff Anlassen = Klinge ist Komplett Martensitisch, wird normal gehärtet und der Rücken wird danach extra angelassen.

Diff. Härten = Klinge wird nur mit der Schneide ins Öl getaucht , der Klingenrücken wird dabei gar nicht erst hart und bleibt Perlitisch.

Vorteil vom diff. Anlassen seh ich darin dass man den Klingenrücken in unterschiedlicher Härte Anlassen kann Von nur etwas weicher über Federhart bis zu überhaupt nicht hart. Beim Diff Härten ists am Rücken halt von Anfang an gar nicht hart. Möglichkeit von Verzug beim Härten ist beim Diff Härten auch größer.
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