Carbon vs. Holz

Fragen zu Pfeilen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Pfeilbau.
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Frankster
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Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

Hallo,

ich muss dazu sagen ich habe noch nie Carbonpfeile besessen, wollte mir aber trotzdem mal einen Satz holen um einen Vergleich zu haben. Allerdings bin ich mir gerade wenns um nicht Glasbögen bzw. Selfbows das Carbon überhaupt Vorteile bringt. Hier mal meine Überlegungen:

1. Schaft Gewicht

Holz: meine 29.5" 60#er Spine Holzschäfte aus Pfeifenstrauch wiegen im Schnitt ca. 355 grain
-> 12,1 gpi

Carbon: 60#er Holzspine entspricht ca. 420er Carbonspine. Die leichtesten Pfeile dieser Kategorie haben ca. 7.5 gpi
Allerdings benötige ich um den Schaft zu komplettieren noch Nock und Insert (beides ca. 45 grain). Effektiv ergibt sich
bei 29,5" Länge mit Nock und Insert 266 grain
-> 9 gpi

Der Carbonschaft ist also bei gleicher Steifigkeit ca.90 grain bzw. 25% leichter als ein guter Holzschaft!
Aber was bringt das? Kann ich den Gewichtsvorteil überhaupt mit einem Selfbow nutzen? Zudem benötigt der Pfeil auch einen bestimmten FOC damit er gut und flach fliegt...

2. Pfeilgeschwindigkeit
Ich habe in einem anderen Forum Messswerte gefunden die das Pfeilgewicht und die Bogenstärke gegenüberstellen:
http://www.free-archers.de/forum/index.php?topic=156.0

Gemessen wurde mit einem reflex/deflex Bogen, 73 # und einem LB 60 #.
Die höchste Pfeilgeschwindigkeit würde mit Pfeilgewichten zwischen 25g und 27,5g ermittelt. Höhere Werte führten vorallendingen bei dem 60#er Bogen zu einem starken fps Abfall. Beim Stärkeren Bogen war zu beobachten das er mit leichten Pfeilen wie den 25g auch an Leistung verliert - sprich der Wirkungsgrad sinkt wenn der Pfeil zu leicht wird...

Übrigens ist das Pfeilgewicht hier schon in einer gefährlichen Region für den Bogen mit ca. 6.5 gpp (60#, 25g) und 5.8 gpp (73#, 27,5g Pfeil).

Wenn ich 7 gpp als minimal zulässiges Pfeilgewicht als Richtwert hernehme, dann wäre dies: 27g für den 60#er und 33g für den 73#er. Im Fall des 60#er Bogen sind 27g = 418 grain. Bezogen auf das von mir ermittelte Schaftgewicht für meine 60er Spine Schäfte ist somit ein Spielraum von 63 grain das für eine Spitze zur Verfügung steht. (Ich verwende i.d.R. bei Saplingschäften 70 grain Spitzen, da die Saplingschäfte schon durch ihre Form einen natürlichen FOC mitbringen)

Bei der Carbonvariante hätte ich einen Spielraum von 150 grain für die Spitze. Allerdings wäre es wohl besser eine etwas leichtere Spitze zu wählen und dafür einen etwas schweren Carbonschaft was evt. auch den positiven Effekt das der Schaftdurchmesser kleiner wird.

Trotzdem, was die mögliche Pfeilgeschwindigkeit angeht sofern man sehe ich jetzt noch keinen Vorteil für Carbon...

3. Aerodynamik:

Da müsste Carbon im Vorteil sein. Bei gleichem Spine kann Carbon einen wesentlich kleineren Durchmesser haben. Auch die dynamische Unwucht durch ungleichmäsige Holzdichte im Schaft kennt Carbon nicht. Einzig durch Barreln - was ich bei meinen Schäften auch meist mache lässt sich die Aerodynamik von Holzschäften verbessern. Trotzdem, ein Holzschaft verzieht sich auch leicht mal und ist nie 100% gerade...

Von daher dürfte die effektive Pfeilgeschwindigkeit im Flug, bzw. wenn das Projektil auftrifft bei Carbon höher sein als bei Holzschäften. Ich meine mal was gelesen zu haben das man mit Carbonpfeilen 10-20% weiter schießen kann als mit Holz - nur ob da wirklich das Gewicht und der FOC der Pfeile absolut identisch war wage ich zu bezweifeln. Evt. hat hier aber schon mal jemand getestet...

Auf kürzere Distanzen dürfte es aber dennoch nicht so viel ausmachen, wenn der Holzschaft keine Unwucht hat und evt. auch noch gebarrelt ist...

Viele Grüße
Zuletzt geändert von Frankster am 11.06.2011, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.
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walta
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von walta »

Für mich das wichtigste Argument:

4. Philosophie

Ich hab einen selbstgemachten Holzbogen, einen selbstgemachten Lederköcher, ein selbstgemachtes Messer,… und natürlich selbstgemachte Holzpfeile.
Alle anderen Überlegungen sind für mich nicht relevant.

walta
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Frankster
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

Vielleicht noch eine Ergänzung zur Philosophie:

Unsere Vorfahren hatten nur nat. Materialien zur Verfügung. Auf unsere Zeit übertragen kann man die Herausforderung darin sehen aus den Dingen die uns zur Verfügung stehen das Beste zu machen.
Aber wie mein Sohn so schön sagt: "Jeder wie er mag!" :)
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corto
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von corto »

walta hat geschrieben:Für mich das wichtigste Argument:

4. Philosophie

Ich hab einen selbstgemachten Holzbogen, einen selbstgemachten Lederköcher, ein selbstgemachtes Messer,… und natürlich selbstgemachte Holzpfeile.
Alle anderen Überlegungen sind für mich nicht relevant.

walta
holz - what else ;-)
holz hat auch ein ganz andere Schussgefühl, ich würde fast Rückschlag dazu sagen. Ich fand das sehr angenehm als Rückmeldung wie der Pfeil den Bogen verlässt. Carbon ballert einfach raus, holz kann man noch fühlen wie es sich windet und wo es nicht optimal war.. ansonsten stimme ich zu.

jemand hatte mal gesagt die trueflight federn wären gefärbt, er hatte recht -.-
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Frankster
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

corto hat geschrieben:Carbon ballert einfach raus, holz kann man noch fühlen wie es sich windet und wo es nicht optimal war.. ansonsten stimme ich zu.
corto, da sprichst Du noch einen guten Punkt an

5. Eigendämpfung

Dadurch das sich der Pfeil beim Anschub durch die Sehne windet und in Schwingung gerät fungiert der Pfeil auch als Schwingungsdämpfer. Diese Eigenschaft ist verbunden mit dem 'dynamischen Spine'. Ein Pfeil der prozentual mehr Gewicht in der Mitte als an den Enden hat wie z.B. ein gebarrelter Pfeil leistet eine bessere Schwingungsdämpfung als ein Pfeil der Durchweg gerade ist und somit mehr Gewicht an den Enden hat.
Carbon hat wohl als Material eine gute Eigendämpfung. Bei Holz ist es u.A. von der Holzart abhängig. Oft wird ja Zeder bevorzugt und nicht nur wegen dem Geruch - ich vermute auch wegen der Dämpfungseigenschaften....

Irgendwie ist aber wohl noch niemand auf die Idee gekommen seine Holzpfeile mit einem Backing zu versehen???
Ich könnte mir vorstellen das man damit den dyn. Spine positiv beeinflusst.
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corto
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von corto »

auf die gefahr hin wieder eine sich um sich selbst drehende mammutdiskussion zu starten:

wie meinst du "positiv" im bezug auf dynamischen Spine?

Ist es gut oder schlecht für die präzision wenn das zeug staucht und dämpft? ich bin mir nicht sicher, denke eher nein. Aber es gleicht technikfehler evtl aus, da es ja immer die gleiche eignendynamik hat. also ein schaft.
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von acker »

1. Schaft Gewicht

Holz: meine 29.5" 60#er Spine Holzschäfte aus Pfeifenstrauch wiegen im Schnitt ca. 355 grain
-> 12,1 gpi
Inkl SPitze usw ?

dann liegste unter 6gp# -> das ist dann mehr flight schiessen

+ Spitze dann in etwa bei 460 - 485 je nach
das wären dann ca 8gp# und für mich die Untergrenze dessen was ich einem traditionellen Holzbogen zumuten würde der lange leben soll.
Das schießen viele noch nicht mal mit einem Glasbogen .
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Frankster
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

@corto

Der Effekt einer besseren Eigendämpfung ist einfach das der Pfeil eine geringere Strecke benötigt um seine Schwingung zu halbieren. Dies hat Einfluss auf auf den Luftwiederstand - d.h. der Pfeil fliegt weiter - und ja der Pfeil kann bei kurzen Entfernungen präziser platziert werden - aber das eben im Bereich von vielleicht 1-3cm - mehr ist es nicht.
Bessere Eigendämpfung bedeutet aber auch das ein Pfeil mit einem geringeren statischen Spine auskommen würde - und das spart wiederum Gewicht...

@acker
die 12,1 gpi bei meinen Holzpfeilen sind ohne Spitze zu verstehen.
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von acker »

Dann liegst Du immer noch bei um 8gp# ...das reicht doch an minimalismus ;)
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Frankster
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

acker hat geschrieben:Dann liegst Du immer noch bei um 8gp# ...das reicht doch an minimalismus ;)
7gpi funktioniert je nach Bogen auch noch. Ich finde man merkt es am Handschock. Wird dieser plötzlich merklich, sollte man den leichten Pfeil besser nicht auf dem Bogen verwenden... Die Sehne spielt z.B. auch mit rein: Hat man eine Sehne die eine gute Eigendämpfung mitbringt wie z.B. verdrillte Leinensehne funktioniert auch mit 7gpp dauerhaft.
Auch hängt es stark vom Bogendesign ab, insb. wieviel Gewicht letztendlich in den Tips steckt. Glasbögen haben oft das Problem das sie ein hohes Gewicht an den Tips mitschleppen - jedoch verkrafted Glas diese Schwingungen i.d.R. ganz gut...
Zuletzt geändert von Frankster am 11.06.2011, 19:08, insgesamt 1-mal geändert.
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corto
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von corto »

meine kiefernpfeile in 31,2 " sind 34 g schwer inklusive allem. da bin ich also eher der Speerwerfer :D
ich habe keine Lösung und bin Teil des Problems -
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Blackthorne »

Mich wundert ein wenig, dass ein Punkt noch nicht angesprochen wurde, es sei denn ich hab nen Knick in der Optik (was ja auch mal vorkommen soll):

6. Robustheit

Carbon ist nunmal im Allgemeinen stabiler und haltbarer als Holz. Weiter oben wurde ja schon in Sachen Aerodynamik angesprochen, dass Holzpfeile nie ganz gerade sind und sich auch gerne mal verbiegen.
- Dazu kommt noch, wenn ein Holzpfeil mal was trifft was er nicht treffen sollte, bricht er gerne mal, und taugt fortan nur noch um Zielauflagen an Scheiben zu pinnen. Ein Carbonpfeil prallt halt ab und kann dann wieder eingesammelt werden.
- und auch wenn man den Pfeil nicht gleich wiederfindet, sondern er erst viel später zufällig (oder per Metalldetektor) wieder ans Licht kommt: ein Holzpfeil dürfte da wohl meistens durch die Witterung unbrauchbar gemacht sein. Ein Carbonpfeil braucht vielleicht neue Federn und ist ansonsten noch einsatzbereit.

Klar, die Kehrseite der Medaille ist: wenn man irgendwo in Wald und Flur schießt, wo verschossene Pfeile sowieso nie wieder gefunden werden, ist Holz freilich weitgehend öko-neutral: der Schaft verrottet, die Spitze verrostet, fertig. Ein Carbonschaft bleibt wahrscheinlich bis zum Sankt Nimmerleinstag liegen.
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Frankster
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

Blackthorne hat geschrieben:- Dazu kommt noch, wenn ein Holzpfeil mal was trifft was er nicht treffen sollte, bricht er gerne mal, und taugt fortan nur noch um Zielauflagen an Scheiben zu pinnen.
Gut, wie schon angedeutet hab ich keine eigenen Erfahrungen mit Carbon. Jedoch liest man öfter das sich die Tip/Insert Kombi manchmal auflöst und den Schaft beschädigt, oder das bei günstigen Carbonschäften bei harten seitlichen Einschlägen die Fasern aufbrechen.

Allerdings denke ich, wenn man mit Holz vergleicht sollte man nicht unbedingt nur den Vergleich mit den typischen Kaufschäften (Kiefer, Zeder, Fichte aus Balken gesägt) betrachten. Ich schieße öfter im Steinbruch/Kiesgrube. D.h. sind harte Steintreffer und z.T. seitliche Einschläge eher die Regel als die Ausnahme. Schäfte aus Schneeballholz oder Hartriegel Schösslingen waren bislang das Einzige Material was diese Beanspruchung dauerhaft mitmacht. Mir gingen regelmäsig die Spitzen kaputt (jetzt hab ich auch dafür eine Lösung), aber die Schäfte halten das aus. Insb. Schneeballholz ist extrem langfaserig.

Allerdings erkauft man sich die Haltbarkeit bei Holz mit mehr Gewicht...
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von corto »

falls du auch immer platzende ringe bei den messingspitzen hattest, die gibts auch aus stahl. da ist dann der mantel länger und die sehen auch extrem geil aus.

seitliche kantentreffer killen meine holzfeile direkt, ansonsten sind die eher unverwüstlich.
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Re: Carbon vs. Holz

Beitrag von Frankster »

Die Spitzen haben sich deformiert, saßen dann eher schräg und es gab ne Unwucht...
Aber danke für den Tip mit Stahl...

Heute in der Kiesgrube hatte ich übrigens auch neue Pfeifenstrauch Schäfte dabei mit Spitze aber ohne Befiederung. Weil ich schauen wollte wie gut die Flugeigenschaften sind. Bei sauberem Ablass konnte ich sogar von 40m aus im 60cm Radius treffen. Allerdings waren am Ende vom Tag 3 von 3 der Pfeifenstrauch Schäfte wegen harten Steintreffern zersplittert. Die Schneeballschäfte blieben intakt. Ich bin immer wieder überrascht was diese Schäfte aushalten...
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