D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

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baschdler
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D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von baschdler »

Ich hab mich schon öfter mal gefragt, ob ein D-Profil wirklich Vorteile gegenüber einem Rechteckprofil (bei etwa gleichen Dimensionen) hat, und wenn ja welche ?

Ist die damit verbundene Schwächung der Bauchseite, nicht einfach nur verschenktes Leistungs-Potential ?
Oder im gegenteiligen Extremfall, wenn der Bogen über seine Leistungsgrenze designed wurde und der Bauch leicht anfängt zu knittern, nur unnötiger Ballast ?

Ich finde jedenfalls kein schlüssiges Argument für ein solches Design, ausser vielleicht dem, der Ästhetik, über die man bekanntlich nicht streiten sollte. ;)

Gruß Martin
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Ravenheart
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Ravenheart »

Für's Tillern ist es praktisch, Stichwort "Treppeneffekt" (wobei der bei Eibe ja nicht auftritt, das kann's also nicht sein), aber auch die präzise Bearbeitung ist bei Rundung leichter.

Hauptpunkt ist die hohe Drucktoleranz und Druck-Elastizität von Eibe!
Die BRAUCHT einfach nicht mehr Holz dort.....

Rabe
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Snake-Jo
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Snake-Jo »

ja, und Splinter lösen sich bei scharfen Kanten wesentlich leichter, daher muss selbst ein Rechteckprofil an den Kanten abgerundet werden.
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Granjow
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Granjow »

Wird der Bogen eigentlich leichter mit einem D-Profil als mit einem abgerundeten Rechtecksprofil (bei gleicher Zugkraft)?

Das ist gerade der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann. Wenn man den Querschnitt vergleicht und der Rücken gleich bleibt, muss ja auch die Neutralebene (bei gleicher Zugkraft) gleich bleiben. (Neutralebene = zwischen Bauch und Rücken, wo das Holz weder auseinander gezogen noch zusammengedrückt wird.)
Bogendesign, Bauchform
Bogendesign, Bauchform
Und wenn man auf der Seite Holz wegnimmt, kommt auf dem Bauch Holz dazu. Allerdings weniger, da sich die Dicke stärker auf die Kraft auswirkt als die Breite.

Was meint ihr?
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Wilfrid (✝)
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Wilfrid (✝) »

bei einem Hochstehenden Rechteck biegt sich der Bogen, wenn´s nicht genau passt, über eine Ecke, ein D oder Fünfeckprofil sorgt dafür, das er sich über die "Spitze " des D´s/Fünfeck biegt. Es tillert sich leichter.
gian-luca
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von gian-luca »

hallo Granjow,

bist du noch am Bogen bauen und -schiessen?
Kommst Du mal wieder in Bern vorbei?

Soviel ich weiss, verschiebt sich die neutrale Ebene sehr wohl, wenn man beim Profil von der rechteckigen Form abweicht.
Ich stelle mir das so vor, dass die Fläche des Profils genau halbiert werden muss um die genaue Lage der neutralen Ebene zu lokalisieren. Wird der Bauch gerundet 'fehlt' dort Material und die neutrale Ebene verschiebt sich ein bisschen zum Rücken hin.
Wenn Du einen im Querschnit trapezförmigen Stab durchbiegst ist die neutrale Zone auch nicht genau in der Mitte der beiden Oberflächen, oder liege ich da völlig falsch?
Es möge doch bitte ein inscheniör eingreifen und uns erhellen :)

gruss,
gianni
tomtux
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von tomtux »

genau wie gianni schreibt, die neutrale ebene hängt natürlich vom querschnitt ab.
beispiele hier: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... mente1.png

leichter wird ein bauteil, das seine belastungen möglichst gleichmässig verteilt auch. das ist der trick beim leichtbau, material nur genau so viel wie genau dort gebraucht wird, damit´s gerade nicht nicht bricht.
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Granjow
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Granjow »

Hey Gianni! Ja, ich habe wieder angefangen, musste wegen dem Studium kurz Pause machen ;) Wenn ich Zeit habe, komme ich gerne wieder einmal vorbei! Eventuell müsste ich vorher noch ein paar Pfeile bauen.

Wenn ich jetzt nur die Bauchseite verändere, und zwar so, dass die Zugkraft die Selbe bleibt (mal angenommen, man könnte Holz auch dazutun und nicht nur wegnehmen, beim Bauen würde man einfach das Design von Vornherein richtig wählen): Verschiebt sich dann die neutrale Ebene oder nicht?

@Wilfrid Wie meinst du das genau mit dem über die Ecke biegen? Dass sich der Querschnit «schert»?

Simon
gian-luca
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von gian-luca »

Hallo Granjow,

na wenn Du die Pfeile gebaut hast, dann können wir auch testen ob sie im Westen gut fliegen :D

Wegen Deiner Frage, wenn ich Dich richtig verstehe: Du machst zwei Bögen, beide z.B. 3.5cm breit und beide 50 Pfund stark, aber der eine ist im Pfofil rechteckig und der andere mit abgerundetem Bauch. Beim rechteckigen wird die neutrale Ebene genau in der Mitte liegen beim abgerundeten schiebt sich die neutrale Ebene etwas gegen den Rücken hin.

Was aber viel wichtiger ist, der mit dem runden Bauch wir bei gleichem Zuggewicht einen leichteren Wurfarm haben und daher etwas schneller schiessen. Aaaaaaber der Druck der 50 Pfund wird beim gerundeten Bauch nur auf einem kleinen Streifen aufgenommen und daher muss dort sehr druckstabiles Holz sein um nicht zuviel stringfollow oder gar Kompressionsbrüche entstehen zu lassen. Eibe hat extrem drucktolerantes Kernholz und eignet sich deshalb für so ein Design. Esche z.B. würde da schnell einmal versagen.
Da die meisten Hölzer in etwa doppelt so zug- wie drucktolerant sind bietet sich da aber ein anderes Design an: man macht den Bogenrücken schmaler (oder runder) um so das vorhandene Material den Eigenschaften des Holzes besser anzupassen. Du kennst doch sicher das Paleoplanet Forum. Such dort mal nach 'trapping' und Du wirst etliche Infos dazu erhalten. In der TBB4 steht glaub ich auch etwas...

LG,
gianni
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acker
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von acker »

Hm,

Also ich sehe das so, ein D Profil oder eine Linse haben durchaus praktische Vorteile wenn sie bei der richtigen Holzart angewandt werden .
zB : Osage , Flieder , Weißdorn , ( Eibe )

Warum :

Wegen der Verschiebung der neutralen Faser ?
Nein , die Verschiebung ist eher marginal .
Hier eine Berechnung von KH dazu ( hier zu einem trapping, post von KH an mich aus dem pB Forum ):
"
@ Acker Trapping 40 mm auf 30 mm 12 mm Höhe ergibt mit ((30+(2*40))/(30+40))*(12/3) eine Lage der Neutralen Faser om Rücken aus gesehen von 6,285 mm. Also rückt sie 0,285 mm in Richtung Bauch SUPER VIEL ;) "

siehe auch :
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... mente1.png

Ich sehe den Vorteil darin aus schweren elastischen Hölzern effizientere ,weil leichtere , Bogen bauen zu können .
Grade bei den o g Hölzern tut man sich idR schwer bei normalen Designen innerhalb der Bogen - Massenformel zu bleiben , ein D oder Linsen Profil hilft bei den schweren , elastischen aber sehr Druckstarken Hölzern ungemein beim Gewichtsparen .

Sparen wir Gewicht im Bogen bei gleichem Zuggewicht so wird der Bogen natürlich viel schneller .

Gruß acker
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.
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Granjow
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Granjow »

@gianni Also mein letzter (zu schmaler) Ulmen-ELB, den ich mal mitgenommen hatte, wäre ein Kandidat für Trapping gewesen.

Bei deinem Beispiel wäre die neutrale Ebene aber bei beiden Bögen genau gleich weit (in cm) vom Rücken entfernt? Der abgerundete ist etwas dicker, deshalb ist sie dort relativ gesehen näher beim Rücken.

Vor den Pfeilen kommt allerdings erst noch ein Eschenbogen an die Reihe.

@acker So gesehen ist es ja ideal, wenn man Bögen aus kleinen Stämmchen baut, da der Rücken hier sowieso schon abgerundet ist.
Die Nachbarn hatten vor wenigen Jahren noch einen riesigen Flieder … warum konnten die nicht warten, bis gutes Bogenholz gewachsen ist :D

Simon
gian-luca
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von gian-luca »

@Granjow:

ja, Deine Vermutung mit der neutralen Ebene mag stimmen, aber die spielt, wie Acker auch gesagt hat, eine untergeordnete Rolle; ich habe das in meinem Beitrag wohl zuwenig betont. Vieeel wichtiger ist das Anpassen des Designs an die Holzeigenschaften, was ja ebenfallls von Acker bestätigt wurde :D
Es gibt etliche prähistorische Bögen, die genau so gemacht wurden wie Du sagst: kleiner Baum halbieren und fertig ist das 'naturgetrappte' Bogendesign. Ob das aus Designgründen so gemacht wurde oder weil sich kleine Bäume einfach viel einfacher mit Steinwerkzeugen zu Bögen reduzieren lassen ist wohl nicht mehr zu beantworten.

Flieder soll ganz geiles Bogenholz sein und ist mir leider noch nicht untergekommen, aber ich bin am schauen ;D

gruss,
gianni
baschdler
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von baschdler »

Insbesondere folgende Überlegung hat mich bewogen diesen Thread zu starten:
Wenn man von einen Bogen mit einem D-Querschnitt ausgeht, hat dann ein gleichstarker und auch ansonsten identischer Bogen mit einem quadratischen Querschnitt eine geringere oder eine größere Masse ?
Ich denke, das kann man gleichsetzen mit der Frage:
Hat ein D-Querschnitt, bei gleichem Widerstandsmoment, einen kleineren oder einen größeren Flächeninhalt als ein quadratischer Querschnitt.

Also hab ich gerechnet, und man möge mich berichtigen wenn ich Mist gerechnet hab:

ein D-Querschnitt mit einer Höhe und Breite von 1 hat ein Widerstandsmoment(W) von:
W = 0,19056x0,5x1x1 = 0,09528
und dabei eine Querschnittsfläche(A) von:
A = (Pi/2)x1x0.5 = 0,7854

jetzt nehme ich das Widerstandsmoment und erechne daraus die Kantenlänge(a) eines quadratischen Querschnitts(eben mit identischem Widerstandsmoment):
a = 3.Wurzel aus(6xW) = 0,83
Dieser Querschnitt hat einen Flächeninhalt(A) von:
a^2 = 0,6889

Danach wäre der Bogen mit quadratischem Querschnitt, bei gleicher Zugstärke, etwas leichter als sein Kollege mit D-Profil. Ich bin mir nur nicht ganz sicher ob man das Widerstandsmoment, für diesen Vergleich, mit dem Zuggewicht quasi gleichsetzen kann, wie ich es getan habe. ???
Also sagt`s mir bitte wenn ich Bockmist gerechnet habe.
Ansonsten müsste das die These vom schlanken und leichten D-Profil eigentlich widerlegen.

Gruß Martin

EDIT: In der Tabelle muss man beachten, daß bei dem D-Querschnitt, mit "b" , nur die halbe Breite des Querschnitts bezeichnet wird.
Dateianhänge
Widerstandsmoment.png
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Galighenna
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von Galighenna »

Ich glaube, deine Rechnung ist vom Ansatz her wohl richtig, jedoch enthält sie einen Fehler. Zu beachten ist, das in einem D-Profil genauso wie in einem Rechteckprofil aus HOLZ die Neutrale Faser eben NICHT in der Mitte liegt. Dies ergibt sich aus der unter schiedlichen Belastbarkeit auf Zug- und Druckkräfte. Im Schnitt sind Hölzer oft mehr als doppelt so Zugbelastbar wie auf Druck. Dabei gibt es noch einen Unterschied zwischen Drucktoleranz und der Druckfestigkeit. (Ich weiß das sind zwei schlecht gewählte Begriffe, weiß jemand bessere?)
Zur Erläuterung:
Mit Drucktoleranz meine ich: Das Holz kann um x% komprimiert werden ohne dauerhaft verändert zu werden. Dabei entsteht die Kraft y
Druckfestigkeit bedeutet: Das Holz kann einer Druckkraft von xy widerstehen ohne dauerhaft verändert zu werden.

Das bedeutet zusammengefasst: 2 Hölzer können die gleiche Druckfestigkeit haben, wobei allerdings das eine Holz um x% komprimiert wird und das andere Holz wird dabei um y% komprimiert.

Hölzer mit einer großen Differenz zwischen Druck- und Zugfestigkeit, aber einer hohen Drucktoleranz haben eine neutrale Linie die deutlich näher zur Zugfesteren Seite liegt, als Hölzer mit einer geringen Differenz. Wobei Hölzer mit der gleichen Differenz zwischen Druck- und Zugfestigkeit, jedoch geringerer Drucktoleranz eine neutrale Linie haben, die mehr in der Mitte liegt. Diese neigen auch schneller zu Kompressionsbrüchen, da die maximale Druckbelastbarkeit bei geringerer Biegung erreicht ist.

Hölzer mit einer geringeren Differenz zwischen Druck- und Zugfestigkeit haben allgemein eine neutrale Linie die näher zur Mitte liegt als die mit größerer Differenz. Aber auch hier gilt, je Drucktoleranter das Holz desto weiter liegt die neutrale Linie zur Zugfesteren Seite

Wie im WIkipedia zur Berechnung des WIderstandmomentes steht:
Wikipedia - Widerstandsmoment hat geschrieben: Das Widerstandmoment ergibt sich allein aus der Geometrie der Querschnittsfläche.
Zu seiner Ermittlung muss die Lage der neutralen Faser im Querschnitt bekannt sein. Dies ist die Linie, in der bei reiner Biegung weder Druck- noch Zugspannungen auftreten (gestrichelte Mittellinien 1 und 2 im Bild). Von dieser Linie muss der maximale senkrechte Abstand zum Querschnittsrand und damit zur Randfaser bestimmt werden, wo die gesuchten maximalen Spannungen / Bauteilbelastungen auftreten.
Daraus folgt, das du in deiner Berechnung die aussermittige Lage der neutralen Linie nicht beachtet hast, denn diese hast du in deiner Berechnung mit 0,5 angenommen, wenn ich das richtig sehe.
Wenn das nicht stimmt, würde ich dich bitten, mal deine Rechnung irgendwie vollständig, am besten als Bild, wegen der Lesbarkeit hier einzufügen (Word Formeleditor und dann Screenshot oder so ähnlich...)
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tomtux
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Re: D-Profil praktisch oder nur ästhetisch

Beitrag von tomtux »

nein galli, widerstandsmomente sind bei annähernd homogenen bauteilen nur von der geometrie abhängig.
solange der stave aus einem holz und nicht aus z.b. eibe mit bambusbacking besteht ist die neutrale ebene im rechteck in der mitte!

mit den randspannungen liegt galli aber richtig, wir wollen die belastung des materials möglichst bis an die grenzen treiben, die widerstandsmomente gleich zu setzten gibt aber das ungleichgewicht zwischen zug und druckbelastbarkeit nicht wieder.
Zuletzt geändert von tomtux am 30.05.2011, 17:58, insgesamt 2-mal geändert.
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