shortRec hat geschrieben:
Ähnliches gilt bspw. beim Tischtennis. Die Bälle sind viel zu schnell, als dass man auf sie reagieren könnte. Der Spieler muss seinen Schlag ansetzen, _bevor_ sein Gegner den Ball spielt. Das geht nur, wenn man gut anthizipieren kann und ein gut verinnerlichtes Bewegungsprogramm zur Verfügung hat.
Das braucht man auch beim Bogenschießen. Die Zielerfassung, also die Einschätzung der Entfernung in Abhänigkeit des Pfeilfluges (bei den Reitern kommt noch die Bewegung des Pferdes dazu) ist die Antizipation, die gelernt werden muss, dass Bewegungprogram, dass "geschrieben" werden muss ist der Schussablauf. Deswegen ist Schussablauftraining, bei dem es auf kurze bis mittlere Entfernung (abhängig vom Können des Schützen) so unglaublich wichtig. Dabei geht es nicht um das Treffen, sondern darum, auf ein leicht zu treffenden Pfeilfang (große Scheibe) möglichst viele Pfeile konzentriert mit möglichst gleichem Ablauf sauber zu schießen, so dass alle Pfeile möglichst eng bei einander auf der Scheibe stecken.
Ähm...
.. ich glaube, wir haben bisher ganz gut herausgearbeitet, was "intuitiv" oder "instinktiv schießen" rein wissenschaftlich begründet heißt, nämlich aufgrund einer vorherigen Konditionierung unter konditionierten Reflexen unterbewußt zu schießen.
Ich möchte daher nicht päpstlicher als der Papst sein, aber was Du oben schreibst, stimmt so nicht bzw. vermengt zwei miteinander laufende, jedoch andersartige Aspekte: Die von Dir erwähnte "Einschätzung der Entfernung in Abhänigkeit des Pfeilfluges", "das Bewegungsprogramm", das "Schussablauftraining, bei dem es auf kurze bis mittlere Entfernung (abhängig vom Können des Schützen) Dabei geht es nicht um das Treffen, sondern darum, auf ein leicht zu treffenden Pfeilfang (große Scheibe) möglichst viele Pfeile konzentriert mit möglichst gleichem Ablauf sauber zu schießen, so dass alle Pfeile möglichst eng bei einander auf der Scheibe stecken...." ist eben KEINE ANTIZIPATION !!!!!
Das ist eine Konditionierung und deren Wiederholung bis zur Vergasung oder auch ein EInschleifen: Ich habe Pfeil Y und Bogen Z, ich sehe das Ziel, das Ziel steht in einer Entfernung A, also nimmt der Körper Haltung und Schussablauf A-1" ein. ".
DAS HAT MIT ANTIZIPATION nichts zu tun. Denn Antizipation ist Vorwegnahme der Bewegung des Umfeldes und eine gleichsam derselben zuvorkommende Reaktion Deiner selbst (die auch in einem konditionierten Reflex bestehen kann (vorausgesetzt man hat den Reflex vorher entsprechend konditioniert... siehe oben)). Es ist das "Hase und Igel - Spiel" - man sagt einfach "Du gehts, ich bin schon da !"
Daher ist es richtig, wie Du schreibst, dass man beim Tischtennis anizipierend die Bewegung des Gegners vorwegnimmt oder vorwegnehmen kann/sollte (wenn man schlecht ist vorausahnt, wenn man gut ist voraussieht, wenn man excellent ist, dem Gegner durch die eigene "Schein-" Reaktion (Finte) die eigene Bewegung aufzwingt) oder beim Pferd/Reiten dessen Bewegungen nach entsprechender Konditionierung vorwegnimmt, weil man weiß, wann es "hoch" geht und wann man daher schießen könnte.
Ein Boxer würde sagen, er nähme die Bewegung des Opponenten vorweg, indem er bei dessen ersten und kleinsten Bewegungsansatz dessen Bewegung durch seine eigene , vorweggenommene blockiert, aufhält oder unterbindet ("Erstschlag"). Die Bewegung, mit der man aber etwas vorwegnimmt, muß vorher selbst ausreichend konditioniert sein, sonst klappt die Antizipation nicht (Konditionierung ist also die Voraussetzung für die Antizipiation). Das meinst Du ja selbst richtig mit Deiner Bemerkung "(abhängig vom Können des Schützen)". Denn mit Etwas, was nicht "gekonnt" ist, kann man auch nichts Anderes vorwegnehmen.
Falsch ist es daher, dass man, wie Du meinst, Anizipation beim System-, wie auch beim unterbewußten Bogenschießen am Boden - auch beim schnellen unterbewußten Schießen angesichts etwaiger Gegner - bräuchte: Hier braucht nicht nur nichts vorweggenommen werden, hier kann nichts vorweggenommen werden, weil es keinen Counterpart gibt, auf dessen Bewegung oder Dasein mit Vorwegnahme reagiert werden müsse (Es sei denn Du meinst den zustand, dass ich in (unterstellten Bogenschützenbewehrten) Kriegszeiten die BEwegung eines Gegners als Ziel dadurch vorwegnehme, dass ich in seine mutmaßliche oder ihm aufgezwängte Bewegungsrichtung schieße und so seine weitere Aktion gegen mich durch Ausschaltung seiner Person mittels "Hineinlaufenlassens in den ersten Schlag" unterbinde).
Und die unterbewußte Einstellung auf die sonstigen Umstände ist eben keine Frage der Antizipation, sondern der Konditionierung.
Hoffentlich klingt das nicht zu oberlehrerhaft.
Gruß
Ralph